Doch der Ansatz bleibt für die Caritas in der Diözese Münster falsch: "Es geht zunehmend um Abschreckung statt Integration", wirft der münstersche Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann der Politik vor. Warum der Asylstufenplan in der derzeitigen Fassung ein weiterer Schritt dahin ist, wurde auf der Diskussionsveranstaltung "Caritas am Ring" an vielen Beispielen deutlich.
Kessmann stellte klar, dass sein Verband zentrale Unterbringungseinrichtungen ablehnt: "Als Caritas dürfen wir keine Kompromisse machen bezüglich der Menschen, die zu uns kommen". Zum Asylstufenplan gebe es viele Fragen und es müsse an diesem Gesetz noch gearbeitet werden. Generell müsse wieder mehr über Chancen geredet und nicht mit ängstlicher Abschottung reagiert werden.
Dabei sei Nordrhein-Westfalen bislang in der Integrationspolitik auf einem guten Weg gewesen, stellte Andreas Johnson, Vorstand AWO Mittelrhein, für die Freie Wohlfahrtspflege NRW fest. Flüchtlinge künftig zunächst zentral unterzubringen und bei unsicherer Bleibeperspektive oder ablehnendem Bescheid dort zu behalten, solle den Kommunen Kosten sparen. "Ich bezweifle allerdings die Entlastung", sagte Johnson.
Würden Menschen zwei Jahre zentral und ohne Perspektive untergebracht und erst dann an die Kommunen überwiesen, sei mit höheren Folgekosten infolge psychischer Erkrankusngen zu rechnen. Das könne in vielen Fällen geschehen, weil sich mittlerweile 40 Prozent der Entscheidungen des BAMF als rechtswidrig erwiesen.
Die Erläuterungen der integrationspolitischen Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Heike Wermer, zum geplanten Asylstufenplan konnten die Skepsis der überwiegend sowohl ehren- wie hauptamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätigen Diskussionsteilnehmer nicht ausräumen. Geplant seien beschleunigte Verfahren und Rückführungen, erläuterte Wermer. Die Verweildauer solle auf sechs Monate verdoppelt werden und könne bis zu 24 Monate betragen bei offensichtlich unbegründeten Anträgen. Ausnahmen sollen für Familien mit Kindern gelten, die nach maximal zwei Monaten auf die Kommunen verteilt werden sollen.
Mit Spannung, so Wermer, schaue man nach Bayern, um von den Erfahrungen der Ankerzentren zu lernen. Deren Bilanz ist aus Sicht von Stefan Wagner vom Landescaritasverband Bayern verheerend, was er mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis belegte. Zwar gebe es die Ankerzentren offiziell erst seit dem 1. August, aber im Grunde sei es nur ein neuer Name für die schon länger bestehenden zentralen Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge.
Häufig befänden sie sich am Rande von Städten mit schlechten Zugangsmöglichkeiten zu Behörden und Ärzten, zunehmend gebe es nur Sachleistungen und werde zentral für alle Nationalitäten gekocht, ständige gebe es wegen Konflikten Polizeieinsätze und teilweise strenge Zugangskontrollen für Ehrenamtliche, was diese in ihrem Engagement abschrecke. Finde ein Flüchtling eine Ausbildungsstelle, müsse er nicht selten in einem Acht-Bettzimmer mit sieben weiteren unbeschäftigten jungen Erwachsenen versuchen, für die Berufsschule zu lernen und morgens früh fit für den Arbeitstag sein.
Johnson forderte wie auch Stefan Wagner und Heinz-Josef Kessmann die Politik auf, sich "nicht immer weiter zum Büttel der Rechtspopulisten zu machen". Es gebe eine große, wenn auch stille Mehrheit, die Einwanderung begrüße. Weiterhin engagierten sich rund acht Millionen Bürger ehrenamtlich für Flüchtlinge und das seien mehr, als die AFD bei der Bundestagswahl Stimmen bekommen habe.
068-2018 (hgw) 30. Oktober 2018