Überrascht wurde Klaus Roosen, Fachbereichsleiter Kinder, Jugend und Familie bei der Caritas Moers-Xanten, von der Ankündigung von NRW-Familienminister Joachim Stamp am Montag, diese Entscheidung in den Juni zu verschieben. Seitdem stehe das Telefon nicht mehr still. Die Gehälter der Mitarbeitenden müssten weiter gezahlt werden, aber die Eltern wollten nicht zahlen oder forderten Geld zurück. Wofür Roosen Verständnis hat, den Schwarzen Peter aber beim Land sieht.
In der Bredouille sind auch die Kommunen. Für die OGS, die die Kinder nach dem Unterricht bis 16 Uhr betreut, ziehen sie die Beiträge ein. Für den Verlässlichen Halbtag, der die Betreuung der Kinder ohne Mittagessen bis 13.30 Uhr sicherstellt, sammelt in der Regel die Caritas die fällig werdenden 65 Euro direkt ein. Im Januar hatten sich Land und Städte die Kosten geteilt, damit Eltern nicht bezahlen mussten. Da sich an den Rahmenbedingungen der Pandemieregeln nichts geändert hat, war auch Klaus Roosen davon ausgegangen, dass die Beitragsfreiheit verlängert wird.
Ob die Kommunen jetzt einspringen, hängt von ihrer Finanzkraft ab, weiß Roosen. 14 OGS an verschiedenen Orten hat die Caritas Moers-Xanten in Trägerschaft. Eine Kommune habe signalisiert, die Kosten übernehmen zu wollen. Aber das könnten sich nicht alle leisten, auch deren Kassen seien durch die Pandemie belastet.
Was Klaus Roosen für seine Region am Niederrhein berichtet, kann Sigrid Schmeddes beim Diözesancaritasverband Münster für die Träger in der Diözese Münster insgesamt bestätigen. Überall herrsche Unsicherheit. Mitverantwortlich sind dafür absurde Ansinnen wie zum Beispiel in Werne. Dort habe die Stadt die Jugendhilfe Werne aufgefordert, den Eltern ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen. Ansonsten müssten die Kinder an allen fünf Tagen in der Woche in die OGS gehen - "obwohl die Eltern sie ja möglichst zuhause betreuen sollten", wundert sich Schmeddes über diese abstruse Forderung in Pandemie-Zeiten. Aber die für die angemeldeten Schülerzahlen eingestellten Mitarbeitenden müssten weiter bezahlt und könnten nicht "spontan entlassen werden".
Insgesamt gelangten die Mitarbeitenden spürbar an ihre Belastungsgrenzen. Abgesehen von den schwierigen Finanzierungsfragen sei der Arbeitsaufwand trotz weniger Kinder nicht zuletzt duch die Hygieneanforderungen nochmals gestiegen. Man habe zusätzlich die Notbetreuung und damit das Homeschooling in der Schule am Vormittag übernommen und damit die Zeiten auf 8 bis 16 Uhr ausgeweitet, erklärt Klaus Roosen. Normalerweise sei Start im Verlässlichen Ganztag um 11.30 Uhr. Die morgens betreuten Kinder dürften sich jetzt nachmittags aber nicht mischen. Dafür könnten mangels Räumen und Personal kaum genügend Untergruppen gebildet werden.
Damit nicht genug. Den OGS-Mitarbeitenden waren wie den Lehrern durch das Land FFP-2-Masken zugesagt worden, die über die Städte verteilt werden sollten. Aber an einigen Orten seien sie noch nicht angekommen, wie zum Beispiel in Münster, berichtet Sigrid Schmeddes. Dort seien sie zwar schon in den Schulen gesichtet worden, aber auf den Kartons sei darauf hingewiesen worden, dass sie nur für die Lehrkräfte vorgesehen seien. "Die zu diesem Zeitpunkt überwiegend im Homeoffice gearbeitet haben", merkt Schmeddes an. Allerdings hätten einige von ihnen ihre Masken an die OGS-Kollegen weitergegeben.
Mit "Auswüchsen dieser Art könnte ich ein Buch füllen", sagt Schmeddes nach einer Videokonferenz mit Trägervertretern diese Woche. Viele Mitarbeitende wüssten nicht mehr, wie es weitergehen solle. Dabei droht schon neues Ungemach. Für die Ferien in 2021 solle es wohl wie im vergangenen Jahr eine Sonderförderung für Bildungs- und Erziehungsangebote in der OGS geben.Das sei bisher jedes Mal schief gegangen, weil die Förderrichtlinien aus dem Schulministerium zu kurzfristig gekommen seien und ohnehin in der Praxis nicht hätten erfüllt werden können. Realitätsfern gedacht ist für die Caritas-Referentin die Idee, dass ein Teil der Kinder in den Ferien bereit ist, sechs bis acht Stunden zu lernen, während gleich nebenan ihre Schulkameraden am Spiel- und Spaßprogramm teilnehmen, das parallel angeboten werden muss.
Deswegen und weil die Förderung die tatsächlichen Kosten nicht decke, sei dieses Angebot des Landes wenig überraschend auch kaum genutzt worden, so Schmeddes. So werde es auch wohl jetzt wieder sein: "Bis auf eine Pressemitteilung ist vom Ministerium noch nichts gekommen". Aber knapp drei Wochen bleiben noch bis zu den Osterferien...
024/2021 (hgw) 3. März 2021