Insbesondere für reine Mütterkuren sind die Häuser teilweise bis Ende 2021 und darüber hinaus schon belegt, berichten Kurberaterinnen der Caritas in der Diözese Münster. Wenn Mütter oder Väter mit ihren Kindern zusammen eine Kur antreten wollen, gibt es noch vereinzelt Chancen im Frühjahr, aber ein halbes Jahr Wartezeit sollte schon eingeplant werden.
"Als Indikation kommt Corona jetzt noch oben drauf", beobachtet Anke Dwenger-Ahls beim Caritasverband für die Dekanate Dinslaken und Wesel. Medizinisch betrachtet wäre dann umgehend eine Kur erforderlich. Aber derzeit treffen mehrere Faktoren aufeinander, die zu einem Stau in den Kliniken führen. Zum einen nehmen sie jetzt nach und nach auch die Eltern auf, deren Kur aufgrund der Schließung im Frühjahr verschoben werden musste. Zum anderen kann je nach baulicher Gegebenheit und dem entsprechenden Hygienekonzept in einigen Kliniken nicht die volle Platzzahl angeboten werden.
Dabei warten viele ohnehin "über die Schmerzgrenze hinaus", bevor sie sich für einen Kurantrag entschließen können, berichtet Ursula Kuchta bei der Caritas Datteln. Die Vorstellung von etwa 70 Prozent ihrer Klienten, dann auch schnell fahren zu können, muss sie derzeit noch mehr enttäuschen.
Insbesondere Mütterkuren sind schwierig. Vor Jahren sind einige Kliniken den Sparbemühungen im Gesundheitswesen zum Opfer gefallen. Hierauf spezialisiert sind beim Müttergenesungswerk nur noch fünf Häuser bundesweit. Da jetzt zudem pflegende Angehörige Anspruch auf Vorsorge- und Reha-Maßnahmen haben und nach Plätzen fragen, werde es noch enger, so Anke Dwenger-Ahls.
Die Nachfrage wäre wohl noch größer ohne Angst vor einer möglichen Infektion mit Corona in der Kur, beobachtet Gudrun Röwekamp beim Kreiscaritasverband Warendorf. Da kann sie allerdings beruhigen. Die Kliniken hätten ausgefeilte und mit den Gesundheitsämtern abgestimmte Hygienekonzepte. Und die, die zurückkehrten, seien hochzufrieden, sagen alle drei Kurberaterinnen. Das liege möglicherweise auch an den coronabedingten kleineren Gruppen.
Für die Kurhäuser ist dies eine zusätzliche Belastung, weil weniger Plätze nicht weniger Aufwand bedeutet. Nach intensiver Lobbyarbeit ist auch für sie der ausgelaufene Rettungsschirm jüngst bis ins Frühjahr neu beschlossen worden, allerdings bleibt eine Lücke von Ende September bis Mitte November. Diese und mögliche weitere Finanzierungslücken sollen sie in Verhandlungen mit den Krankenkassen schließen, hat ihnen die Politik aufgegeben, so Kirsten Ruppel, Referentin im Diözesancaritasverband Münster. Erfahrungen aus der Vergangenheit stimmten da nicht unbedingt hoffnungsvoll. Schon vor der Pandemie seien die Kurhäuser nicht auf Rosen gebettet gewesen. Sie mussten eine Auslastung von 95 Prozent erreichen, um kostendeckend arbeiten zu können. Jetzt gehe es in einigen Kliniken einmal mehr um die Existenz.
Diese Situation gab es schon einmal vor Jahren, als die Krankenkassen viele Kuranträge pauschal ablehnten und erst nach Widerspruch bewilligten. Die Zahlen brachen so ein, dass einige Häuser aufgeben mussten. Dieses Problem ist behoben. "Jetzt habe ich manchmal schon innerhalb einer Woche eine Zusage", sagt Ursula Kuchta. Aber dann fehlt es an zeitnah verfügbaren Plätzen.
Besonders schwierig wird es in den Ferien, in denen möglichst alle Eltern mit schulpflichtigen Kindern fahren wollen. Die Kurhäuser bieten allerdings Lern- und Hausaufgabenbetreuung an. Gudrun Röwekamp rät ihren Klienten zu Flexibilität. Wenn es nicht eine bestimmte Zeit und ein bestimmter Ort sein müssten, könne man mit etwas Glück noch im Frühjahr einen Platz finden.
Zunächst einmal sind Röwekamp und ihre Kolleginnen froh, dass sie trotz aller Einschränkungen durch die Pandemie weiter beraten können und Lösungen für die Familien finden.
116-2020 (hgw) 9. Dezember 2020