Es kommt anders. Die Arbeit mit den Menschen mit Behinderungen in der Werkstatt hat ihn gepackt. Das Freiwillige Soziale Jahr endet und am 1. August beginnt er im Wohnheim des Stifts eine dreijährige Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Seinen Weg sieht er jetzt vorgezeichnet: "Danach soll ein Studium der Sonderpädagogik folgen".
Nicht allein ihn hat es "gepackt". Mit zwei Freunden ist er aus Versmold für das FSJ-Jahr gekommen. Gemeinsam wohnen sie im Wohnheim auf dem Gelände, proben in ihrer Band und bleiben weiter zusammen. Pascal und Jonas, vorher ähnlich offen für die weitere Lebensperspektive, haben sich für die gleiche Ausbildung entschieden. "Took Refuge" bleibt bestehen, kann weiter proben und Auftrittsangebote annehmen.
Die Versmolder sind drei von rund 1.000 Freiwilligen, die die Gesellschaft für Freiwillige Sozialde Dienste (FSD) im Bistum Münster inzwischen pro Jahr an soziale Einrichtungen und Dienste der Caritas vermittelt. "Und vor allem für sie fünf Bildungswochen organisiert", sagt Geschäftsführerin Angelika Frank. Vor zehn Jahren von BDKJ und Diözesancaritasverband gegründet, um FSJ und Bundesfreiwilligendienst (BFD) aus einer Hand anbieten zu können, hat sich die FSD rasant zum größten Anbieter des Freiwilligendienstes in der deutschen Caritas entwickelt.
Ein Gewinn sind das FSJ und der BFD für beide Seiten und nicht vergleichbar mit dem durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzten Zivildienst. Waren die Zivis "eher im logistischen Bereich" eingesetzt, wie Koordinatorin Elisabeth Schulze-Bertelsbeck im Stift Tilbeck erklärt, übernehmen die Freiwilligen heute auch pädagogische Aufgaben. Damit sind sie für Frank Röwekämper zum Beispiel eine wichtige Unterstützung im Werkstattalltag. Der Gruppenleiter im Metallbereich ist Ansprechpartner für Adrian Corbo und lobt seinen Kollegen auf Zeit.
Vor allem die Geduld. Denn Ruhe und Geduld, das hat der 20jährige erfahren, sind ganz wichtige Voraussetzungen für die Arbeit mit behinderten Menschen. Adrian Corbo beschreibt sich als eher zurückhaltend gegenüber älteren Kollegen vor dem FSJ. Bei einem Praktikum im Jugendzentrum habe er ein eher "distanziertes" Verhältnis zu den Kollegen gehabt. Im vergangenen Jahr habe er da viel gelernt.
Adrian Corbo kümmert sich darum, dass die Materialien rechtzeitig an den einzelnen Arbeitsstationen bereit stehen, erklärt die einzelnen Handgriffe den Beschäftigten wenn notwendig noch einmal und ist Ansprechpartner für all ihre sonstigen Anliegen: "Wir sehen die Arbeitsgruppe häufiger als Familie".
Besonders gut haben ihm die fünf übers Jahr verteilten Seminarwochen gefallen. "Da hätte ich gerne doppelt soviele gehabt", bekennt er. Vor allem die Möglichkeit, sich über die Erfahrungen im FSJ auszutauschen, war ihm wichtig. Er hat sich erfolgreich als Sprecher zur Wahl gestellt und wurde damit Ansprechpartner für eine Gruppe von FSJlern.
Bei seiner Entscheidung für ein FSJ in einer Behinderteneinrichtung war Adrian Corbo etwas vorbelastet durch seinen zehn Jahre älteren behinderten Bruder, der seit vielen Jahren in einer Einrichtung lebt. Für das Stift Tilbeck entschied sich das Trio, weil es "in Versmold einen guten Ruf hat".
Besonderen Eindruck hat auf den jungen Mann gemacht, wie offen die Bewohner und Beschäftigten auf ihn zugegangen sind: "Das macht es einfach, Kontakt zu finden". Viel Dank bekomme man von ihnen zurück. Da fiel es den drei nicht schwer, die Bewohner auch zu Disco-Ausflügen und sonstigen Freizeitaktivitäten zu begleiten oder in der Übermittagbetreuung Angebote zu organisieren. Das, betont Frank Röwekämper, der selbst als Zivi den Berufsweg nach einer Schlosserlehre in den sozialen Bereich gefunden hat, ist freiwillig.
Macht aber ebenso Spaß wie die Proben der hauseigenen Band "T-Box" am Donnerstagnachmittag. Da spielt Adrian Corbo die Baßgitarre. Eine etwas andere Musikrichtung als in der eigenen Band, aber das gleicht die Begeisterung der Musiker von T-Box mühelos aus.
079-2015 hgw 31. Juli 2015